Montag, 30. Dezember 2013

4. Wiener Kaffeehaus Brief 2.0

*bling*

Und da ist es wieder. Endlich. So lange habe ich diesen einzigartigen lieblichen Klang nicht mehr vernommen. *bling*. Samtig durchdring er den Raum, erfüllt ihn kurz und taucht wieder unter in der begleitenden Musik.
Der Anlass ist eines der in Wien fast schon inflationär vorhandenen Silvester- oder Neujahrskonzerte. Den festlichen Rahmen bildet eines der großen Konzerthäuser in Wien und die musikalische Untermalung wird von der Strass Dynastie beigesteuert.
*bling*, *bling*
Der Musiker spielt sich wie in einem Rausche in ungeahnte Höhen.
*bling*, *bling*, *bling*, *bling*
Fast ist es so, als ob die Gesetze der Physik kaum länger Bestand hätten.
*bling*, *bling*, *bling*, *bling*,*bling*, *bling*, *bling*, *bling*
Er ist das, was ich hätte sein können. Ein Künstler. Ein Virtuose. Viel hätte nicht gefehlt und ich würde an seiner Stelle dort oben auf der großen Bühne stehen und das Publikum würde mir zu Füßen liegen.
Ja, schade, hätte ich mal mehr mit der Triangel im Kindergarten geübt, würde ich sie heute Abend vielleicht auf der großen Bühne schlagen.
Aber selbst die von mir damals mit Verachtung, auf Grund ihrer Einfachheit, gestraften Holzklötzchen, die es galt im Rhythmus aneinander zu schlagen, selbst diese hatten heute ihren großen Auftritt.
Ja, schade, hätte ich nur etwas mehr mit meinen Holzklötzchen geübt, würde ich sie heute Abend vielleicht auf der großen Bühne dreimal aneinander schlagen dürfen.
All das sind natürlich nur Tagträume während unseres Konzertbesuchs und kein Lehrer hätte auch nur den Ansatz einer Chance gehabt, mir Taktgefühl beizubringen. Wobei, mit den Holzklötzchen war ich gar nicht so schlecht. Zugegeben, die Triangel hätte auf Grund ihrer deutlichen höheren musikalischen Komplexität ganz andere Voraussetzungen von mir verlangt, aber die Holzklötzchen…

Freitag, 13. Dezember 2013

3. Wiener Kaffeehaus Brief 2.0


„Der Schuh - Interpretationen“

Findet man einen einzelnen Männerschuh vor der Wohnungstüre der Nachbarn, lässt dies viele Vermutungen zu. Zum Beispiel:

·      Überschneidet sich der Vorfall mit der Vorweihnachtszeit, so liegt es nahe, dass sich der Besitzer des Schuhs dem Rausch der Firmenweihnachtsfeier ebenso wenig entziehen konnte wie dem Rausch des Alkohols.

·      Wien ist eine Stadt mit einer überdurchschnittlich hohen Dichte an Hundehaltern. Diese Tatsache würde den Fall nahe legen, dass sich dem Besitzer des Schuhs das Glück quasi auf die Fersen geheftet hat. Nicht ganz so schön wäre es, falls diese Variante zutreffen sollte, für die Nachbarn des Besitzers des lieblos im Stiegenhaus abgelegten Schuhs.

·      Nicht sehr wahrscheinlich, aber durchaus noch im Bereich des Möglichen wäre es, wenn der Besitzer Opfer eines fast fantastischen Coups von Dieben geworden wäre, die ihm während der U-Bahn Fahrt den Schuh vom Fuß gestohlen hätten. Aber eben nur einen Schuh, da die Fahrt wahrscheinlich zu kurz war, um ihm beide zu entwenden. Davon ausgehend lassen sich zumindest zwei weitere Szenarien ableiten wie es weiter gegangen sein könnte:

o   Der Besitzer stürmt wütend nach Hause und entledigt sich des verbleibenden Schuhs voller Zorn noch vor der Wohnungstür.

o   Der Besitzer stürmt wütend nach Hause und findet in Kürze, wenn er die Wohnung wieder verlässt, seinen gestohlenen Schuh, den der Dieb seinem Besitzer wieder zurückgebracht hat. Aber warum? Und vor allem wie? Er hatte ja keine Adresse. Ganz einfach. Der Schuhdieb hat den Schuhbesitzer bis nach Hause verfolgt und wird, sobald der Besitzer die Wohnung wieder verlassen hat, glücklich in zwei Schuhen, die Bude ausräumen ;-).

Wie war es aber möglich, dass sich der/die Dieb(e) eines Schuhs bemächtigten, der eben noch dem Besitzer die Füße wärmte?

§  Eher unwahrscheinlich wär es, wenn der Besitzer des Schuhs so vertieft in einen Artikel der Gratiszeitung in der U-Bahn gewesen wäre, dass ihm der Diebstahl nicht aufgefallen wäre. Aber jeder der diese Zeitung kennt, weiß dass dieses Szenario eigentlich nicht existieren kann. Aber vielleicht gab’s just in dieser Ausgabe ein paar Bilder, die Damen zeigten, die so arm sind, dass sie sich kaum Textilien leisten können und wenn, dann nur sehr kleine ;-). Aber nachdem uns solche Bilder eigentlich immer und überall gezeigt werden, lenken die kaum noch ab. Schon gar nicht von einem Schuhdieb.

§  Auch eher unwahrscheinlich, aber zumindest denkbar wäre es, wenn einer jener Hobbymusiker in der U-Bahn solch herzzerreißend schöne Lieder gespielt hätte, dass man sich sofort wie in eine andere, schönere Welt entführt vorkommen würde und ein Schuhdiebstahl noch das Geringste wäre das man nicht wahrnehmen würde.

§  Am Wahrscheinlichsten wäre es wohl, wenn, wie in Variante eins erwähnt, wieder die Firmenweihnachtsfeier und deren Bürde der Alkohol ins Spiel kommen würden. Da braucht es nicht viel, vielleicht schlecht schließende oder gar brüchige Schuhbänder (Schnürsenkel, das kann nur aus Deutschland kommen, so ein hässliches Wort würde bei uns sofort des Landes verwiesen werden) und schon schlüpft man unbemerkt aus dem Schuh, ohne dass man das wollte. Und so ein herrenloser Schuh wäre natürlich eine leichte Beute für jedermann.

·      Bereits äußerst unwahrscheinlich, eher schon in Bereich des Fantastischen anzusiedeln, wäre folgende Variante. Der Schuh ging verloren, ganz egal wie dies von statten ging, es ist nicht wesentlich für diese Variante. Was viele wussten, es gibt einige Menschen bei uns die Assistenzhunde ausbilden. Was aber kaum jemand wusste ist die Tatsache, dass es bei der Ausbildung von Assistenzhunden öfter mal was daneben gehen kann und dann hat man Jahre in einen Hund investiert, der zum Beispiel nur Papierhüte falten kann. Hätte der Hund ein erweitertes Origami-Programm drauf, wäre das nicht so schlimm, aber nur Papierhüte, naja. Aber das ist nur ein beliebiges Beispiel für eine fehlgeleitete Assistenzhundeausbildung. Ein weiterer denkbarer Fall wäre es, wenn der Assistenzhund die Fähigkeit ausbilden würde, den Besitzer eines verlorengegangenen Schuh ausfindig zu machen und den Schuh vor dessen Tür auf die Schuhmatte zu legen. Ob er dann noch anläutet, kurz Laut gibt, oder sich wieder als unerkannter Engel auf den Weg macht, um den nächsten herrenlosen Schuh und seinen verzweifelten Besitzer zu vereinen, spielt keine Rolle.

Für heute sollte es mal reichen an möglichen Interpretationen des herrenlosen Schuhs. Nicht das ich da noch die eine oder andere Idee hätte…

Freitag, 6. Dezember 2013

25. Wiener Brief 2.0

„Do it yourself“

Kaum jemand wird es wissen, da kaum einer kein Auto hat und sich damit über solch Banalitäten keine Gedanken macht oder machen muss, aber die Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte was die immer größer werdenden Baumärkte betrifft, trifft mich persönlich als autolosen Mitbürger. Denn mit dem Wachsen geht die Absiedlung der Märkte Hand in Hand. Was auch nachvollziehbar ist, weil die Riesendinger in der Stadt keinen Platz mehr haben, oder die Flächen nicht mehr bezahlbar sind. Das heißt aber für einen Autolosen wie mich, dass solche Märkte kaum noch erreichbar sind, da sie in der Regel keinen oder nur einen sehr eingeschränkten Zugang zum öffentlichen Verkehr haben.
Was also tun, wenn man einen Kleinigkeit braucht, die aber nur in einem Baumarkt zu bekommen ist? Am besten kombiniert man ein Mietautowochenende mit dem Baumarktbesuch. Das bietet sich natürlich bei einem umfangreicheren Einkauf an. Wobei man hier auf die Autoklasse die man bestellt hat achten sollte.

Für unsere Zwecke hat es sogar ein mini Auto getan, da wir für Verschönerungszwecke nur ein paar Quadratmeter an Verblendsteinen gekauft haben. Blöd nur, dass die vorrätige Menge an diesen Gipsziegeln um genau einen Karton zu gering war. Also wird der Karton bestellt und nicht weiter über das Abholen nachgedacht. Kein wirklicher Fehler, aber beim nächsten Mal, also im nächsten Leben, wird es anders gemacht.
Der Anruf kommt eher als gedacht, dass der Karton bereit steht. Und er steht, das sollte ich eventuell noch erwähnen, am Arsch der Welt. Bitte entschuldigt die derbe Wortwahl, die hat sich aber auch erst seit dem ich den Karton abgeholt habe entwickelt. Bis dahin war es einfach der 23. Wiener Gemeindebezirk.

Aber eine gute Vorbereitung vorausgesetzt, kann es wohl kaum ein größerer Auftrag sein, das Packerl mit den Öffentlichen zu holen. Schon am Morgen wird eine für geeignet befundenen wohl bekannte blaue Tragetasche eingesteckt, die die Abmessungen und das Gewicht der Schachtel fassen kann. Mit nur einmal Umsteigen ist man vom Büro beim Baumarkt und einen rechtzeitigen Aufbruch vorausgesetzt,  erreicht man ihn auch kurz vor Kassaschluss.
Der Karton wird gesucht und gefunden, nur die Rechnung meinerseits, die nachweisen soll, dass ich das schon bezahlt habe, finde ich nicht. Kann ich auch nicht, weil die zu Hause liegt. Tolle Vorbereitung. Aber meinen Fliesenabteilungsfachverkäufer lässt sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Ein kurzer Stopp beim Informationsschalter und schon halte ich eine neue Bestätigung, dass ich das Zeug schon bezahlt habe, in Händen.

Schnell noch den Karton mit den knapp 20 kg in der mitgebrachte Tragetasche verstaut und ab zur Kassa. Weil der Markt schon schließt, dauert das alles nur Augenblicke. Und schon bin ich unterwegs zur Bushaltestelle.
Als gezielter Nutzer der modernen Technik werfe ich noch schnell einen Blick auf die nächste Abfahrtszeit und muss mit entsetzten feststellen, dass der nächste Bus der mich wieder näher an mein Zuhause bringen soll, in drei Minuten fährt. Für den nächsten würde ich eine viertel Stunde warten müssen. Das alles wäre kein Problem, wenn nicht eine vielbefahrene Kreuzung vor mir liegen und ein Karton mit Gipsziegel mit ungefähr 25 kg auf meiner Schulter lasten würde. Also nehme mich die Füße in die Hand und Laufe.

Leicht verschwitzt bei einer Außentemperatur von minus fünf Grad Celsius, steige ich in den Bus und bin froh, die etwa 35 kg abstellen zu können. Bei der U-Bahnstation angekommen, geht’s mindestens zwei Stockwerke rauf, da hier das U in U-Bahn für „unglaublich hoch über der Erde fahrende Bahn“ steht. Ich stapfe also tapfer die Stufen rauf und höre schon wie sich die U-Bahn nähert. Also nehme ich auch hier meine Beine in die Hände und Fliege förmlich mit meinen 50 kg Gepäck über die Stiege. Und was soll ich sagen, ich bin ganz froh, dass ich alles wieder für einen Moment abstellen kann und mich geistig auf den nächsten Streckenabschnitt vorbereiten kann.
Wieder muss ich umsteigen und ganz nebenbei mit den knapp 75 kg auf der Schulter einen Schoko-Krampus besorgen. Also rein in den kleinen Supermarkt und den wohl miesesten Schoko-Krampus wo gibt gekauft. Also der mieseste war er erst, als ich ihn zu Hause aus der Tasche genommen habe, weil er da flach wie eine Flunder war. Aber mies war er schon beim Kauf, weil ein Nikolo drauf abgebildet war ;-).

Und wieder geht‘s über Treppen, diesmal zum Glück runter, zur nächsten U-Bahn. Ja, diesmal in eine richtige Untergrundbahn. Die gut 100 kg zerren mittlerweile schon ganz heftig an der Schulter. Die Fahrt und Erholungsphase ist jeweils kurz.
Die letzte Etappe steht vor mir und die zugleich größte Herausforderung. Die Besteigung des Spittelbergs. Unter Extrembergsteigern ist der Berg gefürchtet und hat schon eine fast unüberschaubare Anzahl an Opfer gefordert. Ok, die meisten im Straßenverkehr oder am Glühweinstandl beim Christkindlmarkt, aber trotzdem sollte man den Spittelberg nicht unterschätzen.

Ich schultere also meine fast 150 kg und mache mich auf zum Gipfelsturm. Apropos Sturm, der bläst mir mit gefühlten 100 km/h ins Gesicht und erschwert meinen Weg nach Hause beträchtlich. Aber der Sturm ist nichts im Vergleich zu den Menschenmassen die mir entgegenströmen. Offensichtlich Anhänger der Selbsthilfegruppe der „bekannten Alkoholiker, die aber nur in der Vorweihnachtszeit auf einem der unzähligen, aber sehr schönen Adventmärkten in Wien trinken, und fast nur ungenießbares warmes, klebriges Gebräu“. Alle schon etwas angeschlagen, entweder vom Glühwein oder von meinem unförmigen 250 kg Klotz. Aber ich schaffe es, ohne mir oder anderen größere Verletzungen zuzufügen und bin sehr froh, dass die Eigentümer einen Lift ins Haus einbauen haben lassen. Mir kommen noch kurz Zweifel, ob der Aufzug die gut 500 kg Last trägt, aber die verfliegen, als der Lift anfährt.
Noch drei letzte Stufen und endlich kann ich den tonnenschweren Karton zu seinen Brüdern stellen. Dort stehen sie nun in der Hoffnung, dass sie bald mal an die Wand dürfen. Aber das ist eine komplett andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll.

Dem aufmerksamen Leser ist eventuell beim genauen Studium der Geschichte aufgefallen, dass sich da physikalische Ungereimtheiten eingeschlichen haben. Aber so viel kann schon gesagt werden, diese, ich nenne sie mal Phänomene, waren real. Und ich meine die dynamische Zunahme des Gewichts, nicht die Trinker am Adventmarkt.
Ich habe bereits Proben der Verblendsteine ans CERN geschickt, damit das Phänomen eine wissenschaftliche Grundlage erhält und hoffentlich als „dynamisches Gewicht“ oder populärwissenschaftlich als „Gewicht der Wiener Briefe“ in die Grundlagen der modernen Physik Einzug hält.

Montag, 25. November 2013

24. Wiener Brief 2.0

„Kulturerledigungsvermerk“
 
Das klingt jetzt im ersten Moment vielleicht abwertend, aber eben nur im ersten Moment. Denn wichtig ist natürlich zu hinterfragen, für welchen Zeitraum man einen solchen Vermerk versieht. Einmal im Leben, oder gar täglich. Beides Extrema, zugegeben, aber nicht unüblich in unserer Welt. Ich persönlich bewege mich, wie die breite Masse auch, irgendwo dazwischen, aber tendenziell eher auf der Tages-Seites. Breite Masse hat in diesem Zusammenhang übrigens nichts damit zu tun, dass ich damit ausdrücken will, dass eher dicke Menschen Kulturgenießer sind.
 
Fehlt natürlich noch die Definition von Kultur. Ich erspar mir wieder den Blick in Wikipedia, weil Kultur, wie auch der eng Verwandte Begriff der Kunst, jeder für sich selbst definieren muss. Wobei es ja noch nicht mal notwendig ist den Begriff für sich zu definieren, dass wäre nur notwendig, wenn es sich hierbei um exakte Wissenschaften handeln würde. Dann würde ich das aber auch von meinen Lesern konsequent fordern.
 
Die Begriffe Kultur und Kunst verschieben sich natürlich auch mit den Jahren an Erfahrungen die man(n) so sammelt. Und hat man das Privileg, dass einem von einem sehr lieben Menschen ein bis dato fast völlig fremder Teil unserer Kultur näher gebracht wird, so ist das umso wirkungsvoller, wenn jener eine sehr innige Beziehung zu diesem Teil pflegt beziehungsweise pflegte.
 
Ich war also im Ballett. Schon wieder. Aber natürlich nicht irgendein Ballett, sondern ein Russisches. Ok, jetzt weiß ich es auch, Russland scheint fast ausschließlich aus Balletttänzern zu bestehen. Mittlerweile frage ich mich, ob Ballett nicht nur ein Synonym für Russisch ist.  Aber trotzdem muss man ihnen zugestehen, dass sie die Tanzerei echt drauf haben. Selbst wenn es nicht die Top A Kampfmannschaft in der Champions League ist.
 
Leider war der Rahmen der Veranstaltung nicht ganz angemessen, weil ein Ballett in die Oper gehört. Und die Wiener Stadthalle ist nun mal einige Längen davon entfernt, ein Opernhaus zu sein. Was heißt hier Längen, diese Maßstäbe müssten erst eingeführt werden, um den Abstand der Stadthalle zu einer, zum Beispiel Staatsoper, zu beschreiben. Machte aber nichts, weil wir eh ganz vorne gesessen sind und quasi den Schweiß auf der Stirn der Tänzer sehen konnten. Und durch das nicht ganz so förmliche Ambiente, war es auch nicht so schlimm, dass ich ab und zu, ok, des Öfteren, ein paar Anmerkungen loswerden musste. Sekt steigt mir halt immer gleich zu Kopf und verursacht dort quasi direkt in der Schaltzentrale Unfug. Und wenn der nicht umgehend entsorgt wird, am besten und schnellsten oral, dann läuft man(n) Gefahr, dass der Blödsinn ein ganzes Leben lang drinnen bleibt und sich mit neu hinzukommenden Nonsens verbindet, irgendwann sich materialisiert und so den Schädel sprengt. Also lieber raus damit.
 
Bemerkenswert zur Vorstellung ist, dass es fast nicht zu glauben ist, wie viel weniger störend die Mitmenschen im Publikum wirken, wenn es zusätzlich zum Audio-Reiz einen visuellen gibt. Also im Vergleich zum klassischen Konzert, dass wir vor einigen Wochen besucht haben (man sieht, wie hoch die Kulturerledigungsvermerksetzung wirklich ist), war das Publikum in dieser Veranstaltung so gut wie nicht existent für mich. Das mag daran gelegen haben, dass das Dargebotene fesselnder war, oder eben der zusätzliche visuelle Reiz vorhanden war, oder gar, weil sich das Publikum einfach besser im Griff hatte. Die Möglichkeit, dass ich das Publikum im Ballett als viel weniger störend empfunden habe, weil ich die ganze Zeit gestört habe, ignoriere ich nicht mal geflissentlich.
 
Dass wir eine Vorstellung der nicht ganz Top-Liga Balletttänzer sehen war klar, erstens kennt sich meine Süße damit bestens aus und zweitens mussten die armen Jungs und Mädels ja offensichtlich den Bühnenumbau immer selbst übernehmen. Da spielte die Musik schon, sah man noch für einige Minuten die kleinen und größeren Füßchen im kleinen Schlitz des Vorhangs herumsausen. Ich nehme mal an, dass die die Kosten ihrer Tournee so gering wie möglich halten wollten und so Bühnenarbeiter und Putzpersonal eingespart haben. Und sie dürften das auch nicht zum ersten Mal gemacht haben, denn man hörte nichts quietschen oder scheppern. Ein bisserl früher sollten sie halt mit der Aufbauarbeit beginnen und während der Pause nicht Pause machen und Tee trinken, sondern gleich mit dem Umbau anfangen.
 
Einzig den Mann am Vorhang-auf-und-zu-Knopf würde ich in Zukunft wieder von einem Profi besetzen. Ein noch schnell von der Straße mit der Aussicht auf etwas Wodka rekrutierter Mitbürger ist damit offensichtlich überfordert. Aber wahrscheinlich auch nur deshalb, weil er erst nach der Vorstellung den Alkohol bekommen hat. Das hätte ich mit meinen zwei Glaserln Sekt besser hinbekommen ;-).

Sonntag, 24. November 2013

23. Wiener Brief 2.0

„Pech“

Es kann ja jeden von uns mal erwischen. Wieso es ausgerechnet mich erwischt hat, weiß ich nicht. Weder hab ich es verdient, noch hab ich meines Wissens nach irgendetwas aktiv dazu beigetragen.
Pech wäre jetzt auch nicht weiter schlimm. Schlimm wird es erst, wenn sich Pech mit Unvermögen paart. Und richtig schlimm wird es, wie in meinem Fall, wenn sich eine klassische österreichische Grundeinstellung dazugesellt.

Die Vorgeschichte warum mich diese Melange der deprimierenden Ereignisse überhaupt erreichen konnte, ist rasch erzählt. Als in Wien lebender und arbeitender Mensch habe und brauche ich kein Auto (Wie es dazu kam ist eine andere Geschichte, die hier nicht weiter ausgeführt werden soll, würde sie doch den Rahmen sprengen und außerdem wurde sie schon an anderer Stelle ausführlich thematisiert). Aber wie ich als autoloser Mitmensch zu einer, nein, zwei Anonymverfügungen wegen Falschparken gekommen bin, ist schon fast etwas skurril. Auch deswegen, weil die beiden Strafen ein und dasselbe Delikt betreffen.
Zurück zur Vorgeschichte. Für die Wege außerhalb Wiens, also die Abenteuerreisen in die Bundesländer, nehme ich regelmäßig die Dienstleistung von mietbaren Fahrzeugen in Anspruch. So auch an jenem so schicksalshaften Tag.

Fehler Nummer eins war, dass ich wegen ein paar Euros nicht bei meinem Haus und Hof Vermieter das Auto nahm, sondern die günstigere, auch schon ein paar Mal ausprobierte und für gut befundene, Alternative bevorzugte.
Was nicht bedacht wurde, und damit sind wir bei Fehler Nummer zwei, dass man dort das Fahrzeug zwar jederzeit retournieren kann, aber es keine fixen Parkplätze gibt. Man stellt das Fahrzeug wie jedes andere auch auf den verfügbaren öffentlichen Parkplätzen ab. Und in Kombination mit dem Versuch der Rückgabe in der Nacht von Samstag auf Sonntag erschließt sich schön langsam das bevorstehende Desaster. Zumal sich die Vermietstation im ersten Wiener Gemeindebezirk befindet. Und die Anzahl der dort als Parkplätze vorgesehenen Flächen sind mehr als überschaubar. Aber zu diesem Zeitpunkt ahne ich noch nichts. Ganz im Gegenteil.

Nach einer gefühlten Ewigkeit des ungewollten durch die Stadt kreuzens, in der objektiven Maßeinheit der Minute waren es weit mehr als 30 davon, fand ich ein Plätzchen für mein Fahrzeug, das soeben von einem anderen freigegeben wurde. Sitz, wackelt und hat Platz. Perfeto. Zugesperrt und den Schlüssel eingeworfen. Wie immer halt.
Einige Wochen nach dieser Anmietung bekam ich wieder Post vom Vermieter. Zweimal. Ich dachte, wie ansonsten auch üblich, dass das die Rechnungen sein. Dass da zwei idente Briefe waren hat mich aber schon etwas stutzig gemacht. Also aufgerissen und nachgesehen. Und siehe da, da springt mir das Pech förmlich aus dem Kuvert ins Gesicht.

Eine Rechnung des Vermieters für den zusätzlichen administratorischen Aufwand der anfällt, wenn dieser eine Verkehrsstrafe weiterleiten muss. Ich eine Verkehrsstrafe, ich der quasi das Muster eines pflichtbewussten Mitbürgers darstellt? Und siehe da, meine Anonoymverfügung hängt auch anbei. Mir wirft das Magistrat der Stadt Wien (oder der Bürgermeister persönlich, ich weiß nicht so genau, wer da wirklich dahinter steckt) vor, dass ich die 5 Meter Mindestabstand zum Schutzweg auf einer nicht durch Lichtzeichen geregelten Kreuzung nicht eingehalten habe. Sprich, ich hab zu nahe am Zebrastreifen geparkt. Das ist Pech. Aber ich kann mich erinnern, dass das mit dem Abstand zum Zebrasteifen schon etwas eng war und ich kann mich düster daran erinnern, dass das Thema in der Fahrschule war. Und nur weil dort vorher einer gestanden ist, heißt das ja nichts, außer dass er offensichtlich Glück gehabt hat. Mein Fehler und dazu stehe ich. Und auch zu den 68 Euro die mich der Spaß kostet. Zusätzliche 22 Euro für den Vermieter sind ganz schön happig, aber egal, mein Fehler. Aber im Vergleich zu den Gesamtkosten der Fahrzeuganmietung, etwa 60 Euro, schon nicht mehr sehr günstig. Aber wie gesagt, mein Fehler, mein Pech, dazu muss ich stehen.
Jetzt kommt der Moment wo sich zu meinem Pech so etwas wie Unvermögen hinzugesellt. Der zweite Umschlag, wir erinnern uns, da waren Kuvertzwillinge in meiner Post, eröffnete mir folgendes. Ich muss 22 Euro für den Aufwand des Vermieter zur Weiterleitung einer Verkehrsstrafe an mich bezahlen und die Verkehrsstrafe anbei sagt mir, dass ich ein Fahrzeug regelwidrig zu nahe an einen Fußgängerübergang abgestellt hätte. Ein derart starkes deja-vu hatte ich schon lange nimmer.

Kann ja wohl nur ein Fehler bei der Bedienung des Kopierers sein, da hat wahrscheinlich jemand zwei Kopien anstatt von einer gemacht. So was kann schon mal passieren, wenn der Lehrling gleichzeitig kopieren, Kaffee holen und zur Post gehen soll und am Weg auch noch das Mittagessen für die gesamte Belegschaft holen soll. Wobei jeder natürlich Sonderwünsche hat, die für jeden einzelnen einen A4 Zettel füllen würden. Also, kann passieren.
Nur um ganz sicher zu gehen, hab ich mir beide Briefe bevor ich ihn wegschmeiße nochmals näher angesehen und musste mit Entsetzen feststellen, dass der Lehrling zumindest am Kopierer keinen Fehler gemacht hat. Vielleicht hat einer der Angestellten Mayonnaise mit 60% Fett in seine Käseleberkäsesemmel bekommen, anstatt der bestellten 80%igen, aber am Kopierer hat er seine Sache gut gemacht.

Bei genauerer Betrachtung konnte eindeutig ein Unterschied bei den beiden Briefen festgestellt werden. Der erste warf mir das Vergehen um 23:00 vor, der zweite das gleiche Vergehen um 5:30 des Folgetages.
Da ich die Briefe montags früh morgens geöffnet habe, nutzte ich die Gunst der frühen Stunde um zu telefonieren. Der für Verkehrsstrafen zuständige Ansprechpartner beim Vermieter war höfflich und bemüht, konnte mir aber auch nicht weiter helfen, da er von so einem Fall noch nie gehört hat. Zu meinem Pech (schon wieder) war er nur die Vertretung der eigentlichen Ansprechperson und er kannte sich nicht so gut aus. Als Tipp auf meine Kritik, was die Abstellflächen bei dieser Anmietstation betrifft, empfahl er mir, das Fahrzeug bei einer anderen Station zurückzugeben. Wien ist zwar eine Weltstadt, die mittlerweile auch einen 24 Stunden Betrieb der U-Bahnen am Wochenende vorsieht, aber die Anmietstationen von ein und demselben Unternehmen sind jetzt auch nicht einen Steinwurf voneinander entfernt. Und bei der Wahl dieser Station hatte ich ja auch einen Hintergedanken, ich nehme die, bei der ich am schnellsten wieder zu Hause bin. Also, netter  Versuch, aber auch schon nicht mehr.

Man sieht hier bereits, dass das Scheiben heute für mich mehr therapeutischen Charakter hat als sonst. So hilft‘s wenigsten mir, falls es für euch auch noch lesenswert ist, dann umso besser. Wobei, ganz genau genommen, fühle ich mich noch nicht wirklich besser. Also weiter im Text, vielleicht wird es ja noch was mit meiner Therapie.
Nächste Station auf meinem kleinen persönlichen Kreuzweg, den ich natürlich aus eigener Schuld angestoßen habe, ich weiß, war das Magistrat der Stadt Wien. Anscheinend bin ich nicht der einzige der beim Erhalt einer Anonymverfügung (vielleicht kann mir einer von euch die Herkunft dieses grässlichen Worts erörtern, oder hat man einfach den Duden aufgeschlagen und hässliche Worte miteinander kombiniert, in der Hoffnung, dass ein noch hässlicheres Wort daraus entstehen möge?) telefonisch nachfragt. Die Nummer wird mit angedruckt und zu meiner Überraschung hebt auch fast augenblicklich jemand ab.

Die Dame am anderen Ende war so freundlich mir die beiden Dokumente rauszusuchen und diese miteinander zu vergleichen. An sich ist es laut ihrer Auskunft nicht üblich, dass man, wenn man stehen bleibt, dieselbe Strafe innerhalb von Stunden nochmal bekommt. Aber wie das gesetzlich geregelt ist, kann sie mir nicht sagen, da sie es nicht weiß. Beim Vergleich der beiden Strafen fällt ihr aber gleich auf, dass es zwar das gleiche Vergehen zu unterschiedlichen Uhrzeiten ist, aber der Ort des Verbrechens ist ein anderer.
Und da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Einmal steht als Ort des Geschehens die Gasse die nach einem riesigen Fisch benannt wurde, der hier zu Urzeiten mal gestrandet sein dürfte, mit der Hausnummer 8. Und einmal steht wieder die gleiche Gasse nur mit dem Zusatz ggü 11. Tja, und deswegen kann man da nichts machen. Das sind ja zwei verschiedene Orte. Aber Moment mal, heißt die Abkürzung ggü nicht Gegenüber? Das tut sie, aber das heißt ja nicht, dass Nr. 8 gegenüber der Nr. 11 ist, oder? Stimmt. Aber wenn es so wäre, dass Nr. 11 genau gegenüber der Hausnummer 8 wäre, was dann?

So, wir sind an dem Punkt der Geschichte angelangt, an dem sich zu meinem Pech erstes Unvermögen und eine äußerst beliebte österreichische Grundeinstellung gesellt.
Wenn es so wäre, dass beide Angaben den gleichen Ort beschreiben (laut google maps liegen 2 Meter zwischen diesen beiden Hausnummern, also einmal quer über die Einbahnstraße), ja dann, dann kann man auch nicht viel machen. ?§%$&$+#. Einzige Möglichkeit, dass man bei so etwas bei den Behörden Gehör bekommt, ist es, die Strafe nicht zu zahlen. Also die zweite, die erste schon, aber dazu stehe ich ja. Zahlt man nämlich nicht innerhalb der angegebenen Frist, so kommt es zu einem Verfahren bei dem man die Möglichkeit hat, sich zu äußern. Vorher nicht. Und warum? Deis is holt aso. Anstatt einen offensichtlichen Fehler im Vorfeld zu klären und anfallende Kosten für das Verfahren zu sparen, beharrt man auf diese Vorgehensweise.
Ich weiß, das ist Gesetz bei uns und niemand kann und sollte sich darüber hinweg setzten können. Aber ist bin sicher nicht der einzige Fall, der vor einem Verfahren schon auf Grund von offensichtlichen Fehlern bereinigt werden könnte.

Eine detaillierte Auskunft meiner Rechtsschutzversicherung steht noch aus, aber das erste Telefonat hat mir schon vor Augen geführt, dass der Fall nicht so eindeutig beurteilt werden kann, wie ich das in meiner Blauäugigkeit angenommen habe. Ich muss nämlich im Verfahren beweisen, dass ich das Fahrzeug nicht bewegt habe und von Nr. 8 auf ggü Nr. 11 gestellt habe. Und ob die Gesetzeslage nicht auch zulässt, dass das gleiche Vergehen nicht auch öfters hintereinander gestraft werden darf, ist auch noch nicht ganz klar.
Vielleicht hatte ich in Wirklichkeit ja Glück in jener Nacht und ich wurde nur zweimal angezeigt und viele andere, von denen ich nichts weiß, wurden fünfmal oder öfter in jener Nacht bestraft. Bitte meldet euch und wir ziehen dann gemeinsam vors Rathaus. Also dann, wenn der Weihnachtsmarkt vorbei ist, ansonsten könnte das unglaubwürdig wirken.

Ich trage mit meinem Steuern gerne zum Funktionieren meines Landes bei, aber die Not ist doch noch nicht so groß, dass man anfangen muss, autolosen Mitbürgern mit stündlichen Falschparkstrafen das Geld für das Stopfen der Budgetlöcher abzunehmen.

Stefan

Mittwoch, 20. November 2013

22. Wiener Brief 2.0

„Da steht der Titel“

Nun ist es also quasi amtlich, es ist viel Zeit seit meinem letzten Brief vergangen. Und zwar so viel, dass mich einer meiner Leser darauf mittels eines Kommentars aufmerksam gemacht hat (falls Du den Kommentar nicht siehst, bist Du im falschen Medium). Hut ab. Dachte nicht, dass das mal passieren wird. Und natürlich bringt mich diese Situation gehörig unter Zugzwang. Nicht das es mir an Themen fehlen würde, nein, davon zeugen die vielen sinnbefreiten Briefe der Vergangenheit, ich kann über fast alles schreibe und tue dies auch gelegentlich. Ob das aber so gut ankommt, weiß ich nicht. Und daran seid vorrangig ihr schuld, weil ich kaum Rückmeldungen bekomme. Das heißt also, falls da heute ein Schmarrn steht, seid ihr selber schuld.

Wie schon mal in einem der Briefe erwähnt, kann ich mit Kritik umgehen. Natürlich nur, wenn sie gerechtfertigt ist (ich also selber weiß, dass das nicht so toll war), konkrete Verbesserungsvorschläge enthält (also nur „deis is a Schaaaß“ ist nicht ausreichend und würde von mir ignoriert werden) und am wichtigsten, wenn die Kritik äußerst positiv ist. So als Hilfestellung für euch, falls sich jemand mal diesbezüglich äußern sollte, das Verhältnis von gerechtfertigter, konkreter Kritik zu äußerst positiver Kritik sollte so zirka bei 1:10 liegen (+/- 2).

Mein Problem zurzeit ist die Zeit. Der Freizeitstress verlangt mir aktuell alles ab. Die Wochenenden bis hinein ins neue Jahr sind seit Wochen ausgebucht, selbst unter der Woche sind nur noch einzelne Abende frei. Ach ja, die Werktage tagsüber sind natürlich für meinen Arbeitgeber vorgesehen, nur der Vollständigkeit halber ;-). Ihr seht also, keine Zeit nix. Aber natürlich spielt es sich bei so viel Freizeitstress auf der anderen Seite extrem mit Sachen ab, die besonders gut unter eine Wiener Briefe 2.0 Unterschrift passen würden.

Aber heute ist es noch nicht so weit. Heute heißt es leider nur, weiter warten.

Freitag, 8. November 2013

21. Wiener Brief 2.0


„Im Kino – Die Probe aufs Exempel“

Und wieder mal gibt’s eine Prämiere in den Wiener Briefen. Ein Brief als Antwort auf eine der nicht allzu zahlreichen Kommentare zu einem meiner Briefe.

Und nur so zwischen durch: Ihr habt die Möglichkeit euch direkt per Kommentar im Blog an mich zu wenden, oder ihr nutzt die Kommentarfunktion von Facebook. Beides ist nicht schwierig und tut nicht weh. Und wenn ihr großes Glück habt, dann gibt’s vielleicht auch mal einen Brief den ihr mit einem Kommentar ausgelöst habt. Aber dafür muss man erstens einen Kommentar abgeben und zweitens muss der Inhalt des Kommentars meinen Vorstellungen entsprechen und drittens muss ich auch noch Lust und Zeit haben, mich hinzusetzten und den Brief zu schreiben.

Das mit dem Hinsetzen und Schreiben hat ja in den letzten Tagen ziemlich gelitten, nicht dass es irgendjemanden aufgefallen wäre, oder sich gar jemand in Form eines Kommentars gefragt hätte, was los ist *schnieeeeeef*. War ja auch nichts, ich hatte nur sehr viel zu tun und hätte auf so einen Kommentar wahrscheinlich eh nicht geantwortet ;-). Also viel anderes zu tun, als Briefe zu schreiben. Beruflich bin ich zurzeit sehr gut ausgelastet und privat steht bis Silvester so viel an, dass ich Termine erst wieder für Jänner, und da auch nur mehr eingeschränkt, entgegennehmen kann ;-).

So ergab es sich kürzlich, dass mich mein Beruf zu Terminen zurück in mein Heimatland brachte. Einer der Termine fand übrigens in der Ortschaft mit der höchsten Dichte von Autobahnabfahrten pro Einwohner in Österreich statt, nämlich drei Autobahnabfahrten bei 2.100 Einwohnern (in Worten: fast jede Familie hat ihre eigene Abfahrt). Zumindest glaube ich das, wer es nicht glauben kann und es besser weiß, schreibt mir gerne im Kommentar Orte mit einer höheren Dichte.

Weiter im Text: Und weil die Termine auf zwei aneinander folgenden Tagen stattfanden, gab‘s eine Nacht in Graz. Und was liegt da näher, als die Kinogewohnheiten vor Ort zu testen und zu bewerten. Vieles, werden sich manche denken, stimmt schon, aber mit dem Kinopublikumstest konnte ich noch ein Treffen mit ganz besonderen Freunden von mir verbinden. Und damit liegt genau nichts näher, als es zu tun.

Der Kinokomplex selbst liegt schon deutlich vom Stadtzentrum entfernt und wird gerade umgebaut. Also nicht das Kino selbst, welches übrigens einen der wenigen Großformatsäle in Österreich besitzt, sondern das Gebäude. Und das in einer Weise, die einzig und alleine nur jenes Ziel haben kann, das Niveau des Entertainmentcenters (was für ein hässliches Wort) auf eines zu senken, dass ein bekanntes Wiener Einkaufszentrums sein eigen nennt. Vielleicht schafft man es sogar, dies zu unterbieten. Ich glaube nicht, aber ich werde dran bleiben ;-).Die Probe aufs Exempel selbst war äußerst positiv was das Publikum im Kinosaal betraf. Nicht dass ich hier in der Gruppe meiner Freunde einen höchst anspruchsvollen Film gesehen hätte, nein bestimmt nicht, aber das Publikum verschwand trotzdem quasi im Banne der Bilder und der Geräuschkulisse des Films. Und Graz hatte im Vergleich zum Wiener Kinobesuch einen deutlichen Vorteil, was die Audiospur des Films betraf. Und trotzdem gelang es dem Grazer Publikum sich während des Films, sich des Films zu widmen. Wobei man natürlich diskutieren kann, ob das ständige Kommentieren des gerade gezeigten Films nicht auch eine Form von sich mit dem Film beschäftigen ist. Ich persönlich möchte darüber aber nicht mal diskutieren.

Möglichweise verschaffte sich der Grazer Kinopublikumstest dadurch einen nicht unwesentlichen Vorteil, indem man vor dem Kinobesuch noch eine kurze Einkehr in einem Steakhause einlegte, inklusive des Konsums von möglichst rohem Fleisch und die absolut notwendige Zufuhr der Mindestmenge von leicht alkoholischen Getränken zum Hinunterspülen desselbigen.

Ebenfalls in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben sollte die im Glasgebinde während des Films kredenzte und genossene leicht alkoholische Flüssigkeit (Danke Foiz). Aber ich hätte noch weitere nicht unerhebliche Mengen an Flüssigkeit zu mir führen können, das hätte nichts am Ausgang des Tests geändert. Und der fällt ganz eindeutig zu Gunsten des Publikums im Grazer Kino aus.

Falls jemand irgendwo einen Beitrag oder Beschwerden über einen Kinobesuch in Graz lesen oder hören sollte der zufälligerweise mit meinem zusammengefallen ist, und man sich dort über das unmögliche Verhalten von Einzelnen im Publikum auslässt, so seit versichert, ich hatte damit nichts zu tun!

Stefan

Donnerstag, 31. Oktober 2013

2. Wiener Kaffeehaus Brief 2.0

„Ohne Titel“

Die Kombination unserer Arbeits- und Privatsituation, ermöglichen mir es heute die Niederschrift des 2. Wiener Kaffeehausbriefs. Meine Süße muss arbeiten, mein Arbeitgeber hingegen war so entgegenkommend und hat meinem Ansuchen um Abbau eines Urlaubstages wohlwollend entsprochen. Zusätzlich ist es mir auf Grund einer regelmäßigen Grundreinigung unserer Wohnung die auf den heutigen Tag fällt, nicht möglich mich in dieser aufzuhalten. Besser gesagt, will ich das nicht. Jemanden beim Arbeiten zu zusehen, dafür muss man schon eine gewisse Veranlagung mitbringen, quasi ein Talent haben. Das ist bei definitiv nicht der Fall. Und mir das mittels harten Arbeit zu erarbeiten, dazu hab ich auch keine Lust.

Zurück zum Kaffeehaus. Auch heute schaffe ich es erst so gegen 11 Uhr im Kaffeehaus meiner Wahl anzukommen. Und natürlich ist es ein Wiener Kaffeehaus, weil sonst, dem aufmerksamen Leser wäre dies bestimmt nicht entgangen, würde der Brief ja gar nicht in die von mir selbst auferlegte Definition der Kategorisierung der Briefe fallen. Kurz: Der Brief passt ja sonst nicht in die Serie. Der Inhalt hingegen, und das wird der vorliegende Brief in aller Deutlichkeit auch noch mal zeigen, muss genau gar keine Bedingung erfüllen ;-).

Aus bekannten Gründen, falls nicht bitte den 1. Wiener Kaffeehaus Brief vorziehen, fiel meine heutige Wahl auf ein anderes Haus. Es trägt den stolzen Namen eines unserer größten Krieger der Vergangenheit. Mehr dazu gibt’s bestimmt im Internet.

Erneut zurück zum Kaffeehaus. Um genau zu sein, ist es bereits nach 11 Uhr als ich eintreffe. Aber diesmal gibt’s, wie ich das auch erwartet habe von so einem Haus, keinerlei Probleme ein Frühstück zu bekommen. Das mag auch daran gelegen haben, dass es hier Frühstück bis 12 Uhr gibt ;-).

Um meinem eigenen innerlich manifestierten Bildes eines Kaffeehausbesuchs in Wien gerecht zu werden, sitze ich nun seit gut einer Stunde hier und esse ab und zu einen Bissen vom ausgezeichneten Frühstück, lese zwischen durch in einem mitgebrachten Buch oder in der Zeitung und schreibe das hier, mache aber keine Anstalten, die Räumlichkeiten in den nächsten Stunden zu verlassen. Noch stört sich auch niemand daran. Noch.
 
Ich hatte auch das Vergnügen, manch einer würde damit wohl kaum Vergnügen verbinden, einer der berühmt berüchtigten Bedienungen zu haben. Sprich, relativ schnell, aber weder freundlich, nicht mal oberflächlich oder ansatzweise ein Versuch einer gespielten Freundlichkeit, hier steht man dazu und das finde ich gut, noch wirklich zuvorkommend. Und in meinem Falle auch noch weiblich.

Das ist nach meiner bisherigen Erfahrung die Ausnahme. Aber den Fortschritt kann man nicht aufhalten, soll mal einer gesagt haben. Mich persönlich stört das auch nicht weiter, solange sie den Gästen den von ihnen erwarteten Grant entgegenbringen und nicht von Tisch zu Tisch fliegen und freundlich und zuvorkommend die Gäste bedienen, ist mir das relativ wurst.

Und natürlich müssen sie mich hier sitzen, lesen, essen und schreiben lassen, ohne auch nur mit Blicken zu signalisieren, dass es jetzt an der Zeit wäre. Außerdem wäre das viel zu gefährlich, denn ich weiß aus gut unterrichteten Kreisen, dass Blicke sogar töten können,  und ganz speziell die der Damen.

Stefan
 
p.s. Mein heutiger Konsumentationskoeffizient beträgt 10 Euro/Stunde. Die Konsumentationskennziffer liegt bei 2,5 Euro/(Stunde x Sitzplatz). Und damit liegen meine heutigen Werte weit unter den Bestmarken vom 1. Brief. Aber ich kann heute zumindest mit einer sensationellen Bettlerquote von 0 (in Worten: Null) aufwarten.

Sonntag, 27. Oktober 2013

20. Wiener Brief 2.0

„Das Konzert“

Der Schauplatz der Geschichte ist, wie könnte es in Wien anders sein, eines der traditionellen alterehrwürdigen Häuser im Herzen Wiens. Hier treffen sich Freunde der Musik und heute bin auch ich hier.
Mit meiner zauberhaften Frau an meiner Seite betrete ich das imposante Gebäude und merke, dass ich nicht sonderlich gut für den Abend vorbereitet bin. Man könnte meinen, dass man sich besser über die Dinge die einem in den nächsten zwei Stunden erwarten werden informiert. Aber heute reicht es aus, vorläufig zu wissen, dass wir ein Konzert eines der bekannten Orchester Wiens hören werden. Ich muss auch nicht jeden Kinofilm vor Beginn auswendig kennen, um ihn mir anzusehen. Ein bisserl Überraschung im Leben schadet nicht.
Das Haus verfügt über eine funktionierende Infrastruktur in ausreichendem Maße. Sprich, die Garderoben sind so zahlreich, dass man sich nicht anstellen muss, weder vor noch nach dem Konzert und dasselbe gilt eingeschränkt für die Getränkeversorgung. Kurze Wartezeiten werden hier in schöner Erwartung des Abends einfach weggelächelt. Traditionellerweise beginnt man als Zuhörer das Konzert mit einem Glaserl Sekt. Und als durchaus traditionsbewusste Menschen werden wir hier keine Ausnahme machen.
Die Plätze sind schnell gefunden und weisen den Vorteil auf, dass sie am Mittelgang liegen. So kann man bei Bedarf schnell und ohne groß zu stören flüchten. Der Nachteil ist, dass die gesamte restliche Reihe bei uns vorbei muss. Und natürlich kommen alle anderen später als wir.
Der Saal ist atemberaubend. Genau so stellt man sich das Ambiente für einen Konzertabend mit klassischer Musik für. Über und über mit Gold verzierte Brüstungen, Gold und Gemälde an der Decke und Kristallluster die einen fast erblinden lassen. Hier wird man sich der guten alten Kaiserzeit noch fast körperlich gewahr. Hier ist die Welt noch in Ordnung und alles Unschöne und Bedauernswerte wird beim Schließen der Türen für die Dauer des Abends ausgesperrt.
Der Dirigent betritt den Saal und Applaus brandet auf. Er stellt das Orchester vor, also nicht namentlich, sondern mit einer ausschweifenden Armbewegung und entlockt mit einer fast unmerklichen Bewegung seines Taktstocks dem Orchester die ersten Töne. Es hat begonnen und es ist beeindruckend. Im Auditorium herrscht Stille.
Die Musik scheint hier mehr zu sein als nur profane Physik, Schallwellen die sich im Raum fortpflanzen und schließlich unser Ohr erreichen. Es liegt Gefühl in der Luft, das sich mit der Musik verbindet und gemeinsam den ganzen Körper erfüllt. Man kann die Musik spüren. Ich schließe die Augen und genieße den Augenblick.
Hust.
Die Musik nimmt Schwung auf und erklimmt mit sagenhafter Eleganz Höhen und steigert sich in ein angenehm beschwingtes Tempo, um die erste musikalische Stille vorzubereiten. Und da ist sie, kaum wahrnehmbar. So zart und leicht, dass man sich kaum getraut, sie sich bewusst zu machen, vor Angst, man könne sie zerstören.
Knarz. Räusper. Hüstel.
Sie umschmeichelt und haucht zart ins Ohr. Nur um im nächsten Augenblick den Druck zu erhöhen, um sich wieder Gehör zu verschaffen. Aber immer ohne auf ihre Harmonien zu verzichten.
Hust. Räusper. Knaaarz. Schnäuz. Hüstel. Klimper.
Erstmals werde ich mir der störenden Hintergrundgeräusche bewusst. Waren die immer schon da, oder haben sie sich erst entwickelt? Eine Melodie die hier so passend ist, wie ein Farbenblinder für eine Farbberatung, durchbricht meine Gedanken. Ein Handy verschafft sich Aufmerksamkeit. Kommentarvoll wird versucht das durchaus wahrzunehmende Geräusch unter Kontrolle zu bringen. „I habs sicher ausgschalten“. „Naaa, deis muss si selber einschalten haben“. Anstatt sich zu konzentrieren und das Abspielen des immer wieder kehrenden Klingeltones unter Kontrolle zu bringen, und die Tasche in der sich das Telefon befindet zuzuhalten zähle ich nicht dazu, wird auf die moderne Technik geschimpft, ohne sich die Vorteile wieder Mal bewusst vor Augen zu führen, die uns technische Revolutionen gebracht haben, wenn man sie beherrscht. Was bleibt ist, dass man offensichtlich menschlich immer noch nicht so weit ist, zu den eigenen Fehlern zu stehen. Immer sind die anderen oder irgendwas anderes schuld, nie man selbst.
Zu meinem Glück war es eine relativ leise Störung, zu meinem Pech war sie direkt hinter mir. Ein Blick über meine Schulter mit anschließendem Kopfschütteln sollte als sanfte Maßregelung fürs Erste reichen. Man möchte einer Dame im fortgeschrittenen Alter ja nicht ins Gesicht sagen, dass sie sich gefälligst benehmen soll. Mit geschätzten 80 hat sie das wahrscheinlich nicht verdient. Zumal sie ja offensichtlich mit ihrer Mutter im Konzert ist.
Mit dem Schulterblick konnte ich aber auch eine der Störquellen, nämlich die, die das Geklimper verursacht hat, identifizieren. Die ältere Dame. In Ihrem Goldschmuckbehang würde sie die meisten hell erleuchtenden Christbäume erblassen lassen. Vielleicht schön anzusehen, nur klimpert es bei jeder Bewegung. Und da die Körperkontrolle mit dem Alter anscheinend zusehends schwindet, klimpert es sehr häufig. Und das stört mich. Es fühlt sich ein bisserl so an, als ob ein Bewegungslegastheniker eine zusätzliche Triangel hinter mir schlagen würde. Leise, aber immer im Bereich des Wahrnehmbaren.
Applaus reißt mich aus meinen Gedanken und lässt mich zurückkehren in die schöne mich umgebende Welt. Das zweite Stück des Abends erwartet seine Darbietung. Die ersten Töne haben kaum mein Ohr erreicht, da queren bereits wieder die ersten Störgeräusche die Harmonien des Abends. Ist es möglich, dass man für nur etwa fünf Sekunden die Kontrolle über seinen Körper hat und dann unweigerlich Husten oder sich am Sessel bewegen muss, im vollen Bewusstsein, dass dieser Knarzen wird?
Ein weiteres festgestelltes Phänomen des Abends ist es, dass, wenn sich jemand die Freiheit nimmt, sich des im Rachen gesammelten Auswurfs mittels Räuspern zu entledigen, stimmen sogleich eine Vielzahl von Sympathisanten ein und tun es ihm gleich. Fast ungeniert wird geräuspert und gehüstelt was das Zeug hält. Und weil sich eh gerade alle Husten und Räuspern nutzt man die Gelegenheit und ändert geräuschvoll die Sitzposition. Das geht ja quasi unter in den störenden Geräuschen. Und das alles fast unmittelbar nach der Applauspause. Ich nehme mir die Freiheit von Entdeckern, Neuentdeckungen einen Namen vergeben zu dürfen und nenne sie Trittbrettstörer. Aber wirkliche Schuld würde nur derjenigen haben, der angefangen hat.
Gab es die während des Konzerts störenden Geräusche eigentlich auch während des Applauses, oder komme diese nur während der musikalischen Darbietung vor? Ich mache mir eine Gedankennotiz, dies bei nächster Gelegenheit zu prüfen und eventuell wieder mit einem Namen von mir zu versehen.
Die Musik wird mittlerweile von einer Gesangssolistin begleitet und ich versuche mich wieder in ihr zu verlieren.
Klimper. Hüstel.
Diesmal ein böser Blick über die Schulter und kräftiges Kopfschütteln.
Schneuz.
Es ist Pause. Gott sei Dank. Ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob ich mich noch voll im Griff hatte. Ab zur Labstelle des Hauses und ein Glaserl Sekt zur Beruhigung bestellt. Vielleicht sollte das Haus eine Runde ausgeben, um all die trockenen Kehlen zu befeuchten und so allen Zuhörern ein uneingeschränktes Musikerlebnis zu garantieren. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass das nur dazu führen würde, dass zumindest die Damen laufend aufstehen und zur Toilette gehen müssten. Die Herren würden sich mit mehr oder weniger geräuschvollem Aufstoßen begnügen. Also kein Sekt für alle.
Die Glocke mahnt zum Einnehmen der Plätze. Und Teil zwei des Abends kann beginnen. Wieder nimmt mich die Musik mit ihren ersten Tönen mit auf eine wunderschöne Reise in eine Welt voller Harmonie. Breitet ihre Schwingen im Raum aus und umschmiegt mich. Wohlige Wärme breitet sich im Körper aus. Die Musik manifestiert sich bereits körperlich. Und ich genieße es.
Räusper.
Wir schreiben etwa zehn Sekunden nach Wiederbeginn. Das könnte ein neuer Rekord sein. Und das Schlimmste dabei, ich bekomme selbst einen trockenen Hals. Die Trockenheit breitet sich aber nur im Rachen und im Hals aus. Die Feuchtigkeit aber konzentriert sich im Mund. Ich laufe Gefahr überzulaufen, also schlucke ich und erwarte in erboste Gesichter zu blicken. Aber anscheinend stört das Geräusch des Hinunterschluckens weit weniger als es viele andere tun.
Klimper.
Gedanklich belege ich mittlerweile viele der Gäste mit Hausverbot aus verschiedenen Gründen, wie zum Beispiel, dass das Tragen von Klangkörper am Körper nur Mitgliedern des Orchesters vorbehalten ist. Ich entwerfe auch bereits Tests, mit denen das Publikum vor Eintritt auf Eignung zum Stillsitzen überprüft wird. Und um all jenen die hier durchfallen, also geschätzte 80%, die Möglichkeit eines schönen Konzertabends nicht vorenthalten zu müssen und allen anderen, also den restlichen 20%, den Abend nicht zu vermiesen, könnten eigene abgetrennte Bereiche im Saal geschaffen werden, die hermetisch vom restlichen Publikum abgeschirmt sind. Oder sie bekommen eine CD an der Kasse für zu Hause.
Knaaaarz.
Der Versuch das Knarzen als Teil des Gebäudes zu sehen und ihm keine weitere Beachtung zu schenken, scheitert sang- und klanglos. Zudem wird die eigene Sitzposition unbequem. Ich versuche mich mit dem Wohlklang der Musik abzulenken.
Hust. Schneuz. Röchel.
Ich kann nicht mehr anders als mich nur noch auf die Störgeräusche zu konzentrieren. Die Musik gerät völlig in den Hintergrund. Ich warte gebannt auf die nächste Störung und versuche zu erraten, was es sein wird. Husten, Räuspern, oder Sesselrücken, was kommt als nächstes? Zusätzlich baue ich mir gedanklich ein Zählwerk, das bei jeder Störung umblättert, wie auf einer Anzeigetafel im Flughafen. Kaum eingerichtet muss ich das Zählwerk um eine Zehnerstelle erweitern. Ich verfeinere und lege für jede Kategorie eine eigene Zeile in der Anzeigetafel an. Husten, Räuspern, Knarzen und Diverses. Dahinter das jeweilige Zählwerk. Nach wenigen Minuten ist Räuspern fast uneinholbar an der Spitze, gefolgt von einem spannenden Zweikampf um Platz zwei zwischen Husten und Knarzen. Diverses liegt abgeschlagen auf Platz vier. Dafür bezahle ich also.
Klimper. Knarz. Hust.
Zwischendurch vernehme ich noch Musik, aber erfreuen kann ich mich daran nicht mehr.
Hüstel.
Vielmehr steigert sich meine Aggression ins Unermessliche.
Knaaaaarz.
Krampfhaft versuche ich
Räusper.
mich auf die Musik
Schneuz.
Zu
Klimper.
konzentrieren…
Schneuz. Röchel. Hust. Klimper. Räusper.
Ich kann nicht mehr! Es ist zu viel für mich!
Ich springe auf und schreite unter lautstarker Beschimpfung des körperkontrollunfähigen Publikums zur Türe, reiße diese auf und blicke in aufgebrachte Gesichter. Es ist mucksmäuschenstill, keiner wagt auch nur zu atmen. Was hätte ich für eine solche Stille während des Konzerts gegeben.
Ich bin noch in Gedanken und frage mich gerade, wie sie es nur so schnell geschafft haben so viele mir böse gesinnte Menschen hinter der Türe zu versammeln, stürzen sie sich auch schon auf mich. Billeteure, Sicherheitskräfte und selbst Servicepersonal begraben mich unter sich. Und plötzlich blitzt blank poliertes Metall auf und ich verspüre einen Schmerz in meiner Brust. Ich denke mir noch, aber mit Sektgläsern den Saal betreten ist verboten, schon spüre ich wie sich auf meinem Hemd etwas Warmes ausbreitet. Ich schreie.
Und ich wache auf. Schreiend springe ich auf und greife mir an die Brust. Der Fleck ist nicht zu übersehen und warm. Ebenso warm, wie man es von einem eben aus dem Mund ausgetretenen Speichel erwarten darf. Der den Fleck mit dem Mund verbindende Speichelfaden lässt keinen Interpretationsspielraum zu.
Ich nicke meiner Begleitung zu und verlasse das Konzert in einer Stille, die ein Publikum nie wieder erreichen wird.
Stille.
Stefan

Freitag, 25. Oktober 2013

1. Wiener Kaffeehaus Brief 2.0

„Fehlstart“

Schon wieder eine neue Serie? Ja, unsere Wiener Kaffeehäuser haben es sich verdient, eine eigene Serie im Rahmen der Wiener Briefe zu bekommen. Zumindest dachte ich das.
In die Serie der Wiener Kaffeehaus Briefe werden ausschließlich Briefe aufgenommen, die in einem selbigen entstanden sind. Nicht unbedingt digital, da es zumeist an der technischen Ausstattung mangelt, was auch nicht  wirklich stört. Ganz im Gegenteil, dass Abgeschnitten sein von der immer präsenten digitalen Welt kann auch Mal ganz entspannend sein. Und eine Zeitung auf Papier von vorne bis hinten ungestört durchzulesen hat fast was Meditatives.
Aber die Serie startet mit einem klassischen Fehlstart. Ich überlege mir, die Serie auch gleich wieder einzustellen. Aber lest selbst.
Kaum in einem der so bekannten traditionellen Wiener Kaffeehäuser angekommen, gibt’s auch gleich kein Frühstück mehr. Es würde mich auch nicht weiter stören, wenn ich eine Stunde nach Frühstücksschluss gekommen wäre. Wobei man natürlich trefflich drüber streiten könnte, ob es notwendig ist den Verkauf einer speziellen Kombination von Speisen, als mehr sehe ich ein Frühstück nicht an, nach einer gewissen Uhrzeit einstellen zu müssen. Mir erschließt sich der Mehraufwand nicht. Anderen offensichtlich auch nicht, da man vielerorts bereits bis spät in den Nachmittag ein Frühstück serviert bekommt.
Wie gesagt, wenn es da eh eine Küche gibt, wo ist da der Aufwand? Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Nein, das stimmt natürlich nicht, ich lasse mich ganz und gar nicht gerne eines Besseren belehren. Aber ihr könnt es gerne versuchen, nur bitte nicht beleidigt sein, wenn ich es ignoriere ;-).
Bis 11:00 gibt es Frühstück in besagtem Kaffeehaus und ich bin ein paar Minuten vorher angekommen. Bis mich der Kellner dann gefunden hat, war es gut und gerne 5 (in Worten: fünf) Minuten nach elf. Maximal.
Ich weiß, für einen Deutschen würde sich die Frage nach einem Frühstück jetzt gar nicht mehr stellen, weil es ja schon nach 11 ist. Aber bei uns in Österreich sollte das alles ein bisserl entspannter ablaufen. Wir sind nicht so überkorrekt, dachte ich, aber anscheinend hab ich mich getäuscht.
Wie gesagt, ich verstehe es, wenn ich ¼, eine ½ oder gar 1/1 Stunde nach dem Frühstücksende komme. Aber wenn ich quasi eh pünktlich bin und nur das Service es nicht schafft, mich rechtzeitig zu bedienen, oder die Küche keine Lust mehr hat Geschirr anzupatzen, dann, ja dann bin ich sauer.
Und um dem Café  etwas zu Fleiß zu tun, bin ich nicht aufgestanden und gegangen. Das wäre zu einfach. Nein, ich hab mir einen kleinen Mocca bestellt und bin sitzen geblieben. Für alle jene die nicht so oft ein Wiener Kaffeehaus besuchen, man bestellt hier keinen Cappuccino, Espresso oder gar Latte Macciato. Hier gibt’s Mocca, kleine oder große Braune, Verlängerte, Einspänner,…
Noch eine Bitte an meine lieben Deutschen, bitte, bitte, bestellt keinen Kaffee und schon gar nicht mit der Betonung auf die ersten Silbe. Was soll Kaffee sein? Das ist gerade so, als ob man in einen Computerladen geht und nach einem Computer fragt. Oder für meine weiblichen Leser, in einen Schuhgeschäft nach einem Schuh fragt. Das macht doch keinen Sinn, oder? Ihr werdet sofort Opfer des bekannten Grant des Wiener Kaffeehauskellners und seit selber dran schuld. Aber dazu bestimmt ein anderes Mal mehr.
Ich sitze also bei meinem kleinen Mocca und schreibe diesen Brief in mein neues, in neudeutsch, Notepad. Aber auch dazu bestimmt ein anderes Mal mehr. Ich sitze also zu Fleiß im Kaffeehaus bei einem einzigen kleinen Mocca und denke, mich damit an der Weigerung mir ein Frühstück zu bringen, rächen zu können. Weit gefehlt. Dafür sind unsere Kaffeehäuser sogar bekannt, dass man hier Stunden lang sitzen, schreiben, lesen oder was auch immer machen kann, ohne dem Konsumzwang unterliegen zu müssen. Siehe auch p.s.
Das war schon immer so und wird hoffentlich auch noch lange so bleiben. Viele große Meisterwerke haben in einem Wiener Kaffeehaus ihr Licht der Welt erblickt und jetzt auch ein Wiener Brief ;-).
Stefan
p.s. Mein Konsumentationskoeffizient lag bei 3 €/h und die viel wichtigere Konsumentationskennziffer bei 0,75 €/(h x Sitzplatz). Und das sind Werte, die nur in Wiener Kaffeehäusern erreichbar sind. Falls die Kennzahlen nicht bekannt sein sollten ist das nicht weiter schlimm, da ich die gerade eben ersonnen und folgendermaßen definiert habe:
Konsumentationskoeffizient = Gesamtkonsum / Gesamtaufenthaltsdauer
Konsumentationskennziffer = Konsumentationskoeffizient / blockierte Sitzplätze
Wichtig bei der Ermittlung der beiden Kennzahlen ist, dass es keine Versuche des Personals geben darf, einem den weiteren Aufenthalt zu vermiesen. Also keine bösen Blicke, oder zwischendurch mal den Tisches abwischen und alles auf den Schoß des Gastes wischen, oder gar fragen, ob man nicht zahlen will.
Aber es war nicht nur die Niederschrift des ersten Wiener Kaffeehaus Briefes der meine Kennzahlen dermaßen in den Keller gehen ließen, da war auch noch ein Liebesbrief an meine Süße dabei. Aber der ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und benötigt noch einen Feinschliff…
p.p.s. Die Bettlerquote war mit 3 Bettler/Stunde dafür höher als sonst wo. Aber auch dazu bestimmt ein anderes Mal mehr.

Montag, 21. Oktober 2013

19. Wiener Brief 2.0

„Im Kino“

Eigentlich wollte ich heute eine neue Serie mit „Wiener Kaffeehaus Briefen“ starten, aber ich hab’s nicht geschafft, neben dem Frühstück, dem Kaffee und der Zeitung einen Brief zu schreiben (falls es interessiert, ich hatte heute Urlaub). Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Deshalb geht’s heute mit dem Brief ins Kino. Ich war immer ein begeisterter Kinogeher. War, richtig. Das hat zum einen damit zu tun, dass ich es nur mehr einer kleinen Auswahl an Filmen zutraue, mich im Kino zu unterhalten und zum anderen mit den mittlerweile schon fast unverschämten Preisen.

Aber genau die Preise sind es, zumindest dachte ich mir das, die nur noch ein Publikum in die Kinos locken, die den Film sehen möchten. Falsch gedacht.

Da gönnt man sich einen Film gedreht in überzeugender Technik, projiziert auf eine überdurchschnittlich große Leinwand und untermalt von einer von Kraft und Klarheit nur so strotzenden Musikanlage, die viele Konzertanlagen in den Schatten stellt. Und dazu noch mit einem Inhalt, der einem interessant erscheint.

Die Rahmenbedingungen könnten also nicht besser sein. Nur leider wurden mehr als unsere zwei Karten für den riesigen Saal verkauft. Bei den Preisen dachte ich eigentlich, dass ich das Kino exklusiv für uns hätte ;-). Aber auch die Kinobetreiber haben es schwer, deshalb verstehe ich es, dass sie den Saal halbwegs voll machen wollten. Das ist ja ok.

ABER, warum müssen die den Saal mit Leuten voll machen, die entweder das erste Mal in einem Kino sind und sich deshalb auch ständig bemüßigt fühlen ihre neuen Sinneseindrücke allen kund zu tun. Oder mit Leuten, die glauben, nur weil sie sich den Film bereits zum x-ten Mal ansehen, trifft das auf alle im Saal zu und verstehen gar nicht, wie es sein kann, dass man den weiteren Verlauf des Films nicht kennen kann und etwas verschnupft reagieren, wenn man sie drauf Aufmerksam macht, dass die meisten Besucher den Film zum ersten Mal sehen.

Dann gibt’s da noch die die glauben, dass sie alle ihre Freunde mit denen sie ins Kino gekommen sind unterhalten müssen. Unabhängig davon, ob die gesamte Clique zusammenhängende Plätze bekommen haben, oder im ganzen Kino verstreut sitzen.

Was ist bloß aus dem Kinoproblemen der Vergangenheit geworden, als man sich noch darüber ärgerte, dass ausgerechnet der mit Abstand größte aller Besucher der Vorstellung den Platz vor einem hatte. Oder war das nicht der Fall und der Typ setzte sich schräg vor einem hin, wusste man, dass der spätestens zu Beginn des Films seinen Platz mit seiner Freundin wechselte und so wieder direkt vor einem saß.

Damals klopfte man seinem Riesen freundlich auf die Schulter und frage, ob er sich ein bisserl kleiner machen könne. Was in der Regel auch nie ein Problem war. Machst Du heute jemanden darauf aufmerksam, dass Du gerne den Film sehen würdest, für den Du gerade ein kleines Vermögen ausgegeben hast, die Naschereien sind da noch gar nicht berücksichtigt, so musst Du froh sein, wenn Du nur eine patzige Antwort erhält. In jedem Kino in Wien würde ich mich das nicht mehr trauen.

Ich kaufe mir mittlerweile immer eine kleine Packung Popcorn, obwohl ich die gar nicht so mag. Aber die eignen sich hervorragend als Wurfgeschosse auf dauerquasselnde Störenfriede. Das nächste Mal gehe ich in einen Film der mich Nüsse interessiert und werde mich mit der 2 Kilo Jumbo Popcorn Tüte auf magazinieren ;-) .

Stefan

Freitag, 18. Oktober 2013

18. Wiener Brief 2.0


„Das Buch“
 
Ja, es gibt mich noch. Es ist schon wieder ganz schön viel Zeit seit meinem letzten Eintrag vergangen, aber ich bin noch da. Ich war und bin zurzeit sehr beschäftigt. Das hat nur peripher mit meinem Arbeitgeber zu tun, aber auch er hält mich in den letzten Wochen ganz schön auf Trab.
 
Die meiste meiner spärlichen Freizeit verbringe ich aktuell mit meinem neuen Buchprojekt. Ich möchte hier und jetzt noch nicht zu viele Details offenlegen, aber ich kann schon jetzt sagen, dass es fabelhaft wird ;-).
 
Und so wie es aussieht, werde ich es schaffen, dass es noch vor Weihnachten fertig ist. Das heißt für euch, dass einem gesegneten Weihnachtsfest mit einem tollen Buchgeschenk nichts mehr im Wege steht ;-).
 
Und falls mein Plan aufgeht und sich das Buch so erfolgreich verkauft, dass ich damit für mein und das Leben meiner Süßen ausgesorgt habe, dann hab ich auch wieder mehr Zeit hierfür und die Frequenz der Veröffentlichungen im Rahmen der Wiener Briefe sollte sich deutlich steigern. Ob man das überhaupt will ist eine andere Frage. Die ich aber auch gar nicht gewillt bin zu stellen.
 
Geht mein Plan nicht auf, so bedeutet das natürlich nicht das Ende der Wiener Briefe. Nein, nur kann es sein, dass ich dann ein bisserl beleidigte Leberwurst spiele und meine Leser mehr als sonst beleidige. Das bitte dann nicht persönlich nehmen, sondern wie ein Mann damit leben (ok, das mit dem Beleidigen fängt anscheinend schon an ;-) ).

So, das war wohl der mit Abstand kürzeste Wiener Brief, aber ich habe keine Zeit!
 
Stefan

Mittwoch, 9. Oktober 2013

17. Wiener Brief 2.0

„Geplante Obsoleszenz

Was für ein schönes Thema für einen Wiener Brief. Das ist zwar jetzt kein Thema das sich örtlich fest machen lässt und damit auch keinen engeren Bezug zu Wien hat, aber nachdem ich, ja richtig gelesen, ich der Betroffen bin, passte es schon ganz gut in einen Wiener Brief.

Aber zuvor noch ein Hinweis in eigener Sache: Ich hab Kommentare. Zwar nur auf Facebook, aber jeder beginnt mal klein ;-). Und ich hab nicht nur Kommentare, sondern die Kommentare sind von realen Menschen (und die Personen dahinter sind nicht alle alter egos vom Autor). Die Kommentare meiner Süßen in der Vergangenheit möchte ich damit nicht schmälern, aber sie ist für mich nach wie vor nicht real (das sollte ein verklausuliertes Kompliment sein). Und Kommentare bedingen nun mal Antworten. Und das Beantworten bedingt Zeit. Und Zeit, ähm ja, Zeit ist da, einfach so, man muss sie sich nur nehmen, kostest auch nichts, also bis dato. Also was ich damit eigentlich sagen wollte ist, dass ich mit dem  Antworten eine Zusatzaufgabe habe und vielleicht nicht mehr so regelmäßig Neues erstelle, weil ich Altes beantworten muss, ähm darf natürlich.

Um uns dem Thema des heutigen Briefes zu nähern, schlage ich mal kurz bei Wikipedia nach.

Bei der geplanten Obsoleszenz wird die Lebensdauer eines Produkts künstlich reduziert. Produkte verfallen also schneller als technisch möglich wäre.

Das Korpus Delikti in meinem Fall ist, falsch, war, ist ja schon kaputt und damit tot für mich, eine elektrische Zahnbürste. Und zwar eine von den teuren, weil ich immer noch so denke, dass teuer besser ist. Ich weiß, stimmt so nicht, aber ich tu mir da persönlich einfach sehr schwer, zu einem Produkt zu greifen, dass es in einer anderen Variante mit noch viel mehr an Ausstattung und Funktionen gibt. Da treibt mich so etwas wie der Produktneid. Ich wäre es allen anderen neidig, die die bessere Variante besitzen und mir dann auch noch unter die Nase halten müssen. Und es kann ja sein, dass ich genau die eine Funktion einmal brauche, die die teurere (und damit bessere) Variante hat, nur meine Billigvariante nicht.

Ein gutes Beispiel, auf das ich immer wieder gerne zurückgreife, ist die Wasserwage. Jeder kennt die in einen Balken eingelassene Libelle, die wiederum eine Flüssigkeit mit Lufteinschluss enthält. Die Konstruktion in Kombination mit der Schwerkraft ermöglicht es einem, eine horizontale bzw. vertikale Linie zu bestimmen. Die Abweichung zum Ideal ist meist vernachlässigbar und basiert auch meist auf Anwendungsfehler. Aber warum sollte man eine so simple, millionenfach bewährte Lösung kaufen, wenn es das Ganze auch zum Zehnfachen Preis gibt? Richtig, weil das Ding mit einem L.A.S.E.R (Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation) arbeitet. Und falls man mal einen horizontalen Strich in einem Zug im ganzen Raum machen möchte, warum ist hier egal und wird nicht bewertet, weil man es mit dem Ding einfach machen könnte. Und das ist eine Geschichte die zeigt, dass ich mit meinem Produktneid nicht ganz alleine bin, da dies eine Geschichte vom Foiz ist. Danke.

Weiter zu meiner Zahnbürste. Ich kaufe also vor etwa einem Jahr das Beste, ja richtig, das Teuerste was es am Markt gibt, in der Hoffnung, dass Beste gekauft zu haben. Und was soll ich sagen, es war wirklich gut. Ob es das Beste war kann ich noch nicht beurteilen, da fehlen mir noch eindeutig Vergleichswerte. Aber wie gesagt, sie war gut und ich zufrieden.

Nach etwa einen Jahr musste sie in immer kürzeren Intervallen geladen werden und gab schließlich endgültig den Geist auf. Da ich jetzt nicht der ordentlichste Mensch bin, hab ich natürlich die Rechnung nicht mehr gefunden. Aber es gibt ja immer noch das Entgegenkommen. Zumindest hab ich schon mal davon gehört. Also schreib ich an den Kundendienst in ausgesprochen höfflicher Form und weise selber schon auf den Umstand der nicht auffindbaren Rechnung hin.

Kurz zusammengefasst, es gibt kein Entgegenkommen nur Schlaumeier-Tipps. Ich könne zum Beispiel im Internet nur nach dem Handstück suchen und nur dieses erneut käuflich erwerben. Danke für den Tipp. Nur leider kostet das Set das ich erworben hab etwa 20 Euro mehr als nur das Handteil. Oder ich könnte das Teil zur Reparatur geben. Auch ein guter Tipp, vor allem, weil sie gleich dazu schreibt, dass sie es als Hersteller nicht machen. Und weil das Teil so konstruiert wurde, dass es nicht reparabel ist. In der Beschreibung (die hab ich mir aus irgendeinem mir jetzt nicht mehr nachvollziehbarem Grund aufgehoben) ist sogar beschrieben, dass man das Teil mit nem Hammer zerstören muss, um an die Akkus zu kommen, damit man diese umweltgerecht entsorgen kann. Da hört es sich dann auf.

Aber selbst wenn ich die Rechnung noch hätte und mir das Teil getauscht werden würde, es kann doch nicht sein, dass so simple Dinger, die früher ewig gehalten haben (zugegebenermaßen kann dies speziell im Mundhygienebereich auch nachteilige Effekte haben), heut zutage so schnell kaputt gehen. Vor allem, wenn sich der technische Fortschritt und der Funktionsumfang in einem überschaubarem Maß bewegen.

Ich möchte aus Fairness-Gründen den Namen der Firma nicht nennen, das kann ja jedem mal passieren, aber falls ich mal einem Kind einem Namen geben soll, wird es ziemlich sicher nicht Philip heißen.

Mittlerweile bin ich stolzer Besitzer einer neuen elektrischen Zahnbürste. Stolz auch deshalb, weil ich über meinen Schatten gesprungen bin und nicht mehr zum teuersten, oder in diesem Fall zweitteuersten Produkt gegriffen habe. Ein vielfacher Testsieger mit vielen positiven Bewertungen im Netz haben mich überzeugt. Bis jetzt. Und neuer Hersteller aufgepasst, ich mir die Rechnung aufgehoben ;-).

Stefan
 
p.s.: Warum hat mich eigentlich niemand darauf aufmerksam gemacht, dass ich seit dem 8. Wiener Brief den Zusatz 2.0 vergessen hab? Wie soll man da den Wiener Briefe von den Wiener Briefen 2.0 unterscheiden? Spart euch jetzt die Mühe, ich hab's schon nachgetragen und korrigiert.

Montag, 7. Oktober 2013

16. Wiener Brief 2.0

„Blondie und die Warteschlange“
 
Zurück in Wien. Aber nur zum Teil, da ein guter Teil des Briefes noch in Sardinien spielen wird. Aber lest selber.
 
Dass der Mensch nach wie vor ein Herdentier ist und über weite Strecken seines Lebens davon bestimmt wird, lässt sich nicht von jedermann bzw. jederfrau leugnen.
 
Wir kommen am Flughafen von Olbia an und stellen uns, ohne viel darüber nachzudenken, an das Ende der Warteschlage für den Check-In nach Wien. Die Schlange ist mit etwa 30 Personen vor uns noch nicht so lange, dass man sich aufregen müsste, da man auch noch üppig Zeit bis zum Abflug hat. Und der Flughafen von Olbia hat auch nur ein beschränktes Angebot, um die Zeit tot zu schlagen. Und es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Wartenden bei zwei geöffneten Schaltern abgearbeitet wurde.
 
Und hier tritt das erste Mal so etwas wie ein Fragezeichen im Kopf einer neu zur Warteschlange stoßenden jungen Mutter (oder Schwester) von zwei Kindern und massig Gepäck auf einem Wagerl auf. Man kann es formlich sehen wie sie sich anstrengt und sich folgende Frage im Inneren ihres von blondiertem Haar geschützten Köpfchen formt: „Wieso steht denn da niemand beim zweiten Schalter an???“. Ich hab extra drei Fragezeichen gemacht, weil das Denken offensichtlich sehr anstrengend war und die Antwort auf sich warten ließ. Noch etwas unsicher, aber trotzdem zielstrebig in Richtung zweiten Schalter unterwegs, lässt sie die Warteschlage links liegen (im konkreten Fall war es rechts, aber das tut ja jetzt eh nichts zur Sache, ich wollte nur mal wieder einen Kommentar anbringen, ansonsten würde sich das Ganze ja viel zu flüssig lesen ;-) ) und grübelt nach wie vor an der Frage. Vorne am Schalter angekommen bezieht sie einmal Position, um die Sachlage zu sondieren und in Ruhe über die Lösung der Frage zu sinnieren. Das geht eindeutig besser, wenn man nicht gleichzeitig ein Wagerl mit Gepäck schieben muss. Die Kinder im Schlepptau sind überraschend ruhig und nehmen die Schwierigkeiten ihrer Begleiterin nur peripher wahr. Stören also nicht beim Denken, falls sich einer darauf ausreden möchte ;-).
 
Die Warteschlange ist noch überraschend ruhig und lässt Blondie (ja, ist jetzt eindeutig abwertend und auch so gemeint, obwohl sie wahrscheinlich nichts dafür kann) mal einfach dort stehen. Selbst jene, die als nächstes am zweiten Schalter dran kommen verhalten sich ruhig. Aber es geht ja auch keiner davon aus, dass sich Blondie jetzt an allen vorbei an den zweiten Schalter stellt und glaubt als nächstes dran zu kommen. Das wäre zu weit hergeholt. Auf der anderen Seite darf man schon auch diejenigen die die Spitze der Warteschlange bildeten kritisieren, da sie einem offensichtlich hilflosen Wesen nicht die gebührende Hilfe angedeihen haben lassen.
 
Die Antwort auf die bis dato ungelöste Frage von Blondie wurde aber auch ohne viele Worte durch das Vorrücken der nächstgereihten in der Warteschlange zum zweiten Schalter beantwortet. Nur begleitet von bösen Blicken, als sich Blondie wirklich anschickte ihr Wagerl zum zweiten Schalter zu schieben.
 
Nun kann man natürlich darüber diskutieren, ob das System mit nur einer Warteschlange das effizientere ist oder nicht. Aber nicht zu diskutieren ist, dass es das fairste System ist. Man kommt genau in der Reihenfolge dran, wie man sich angestellt hat. Nicht früher, aber auch nicht später. Diese Warteschlange ist mit dem FIFO Speicherkonzept vergleichbar. First in first out. Der einzige wirkliche Nachteil dieser Variante ist, dass der Raum für die Wartenden nicht optimal genutzt werden kann. Zumindest nicht ohne die Warteschlange in vorgegebene, geordnete Bahnen zu lenken.
 
So kommt es, dass Blondie das Konzept der einen Warteschlange zumindest vorläufig verstanden hat und macht sich zurück am Weg zum Ende der Warteschlange, das mittlerweile natürlich erheblich weiter hinten liegt, als dies bei der Ankunft von ihr der Fall war.
 
Just in diesem Moment wird vom Personal die zweite Schlange eröffnet, weil die Warteschlange bereits den halben Terminal durchläuft. Blondie dreht sich, gerade am Ende der Schlange angekommen, um und kann es nicht glauben. Gerade eben wurde ihr das Konzept klar und im selben Moment löst sich die gesamte Erkenntnis wieder in Luft auf.
 
Es ist nicht immer einfach sich in der Welt zurecht zu finden und schon gar nicht, wenn sich alles ständig ändert. Aber sobald sich das System der einen Warteschlange bei uns durchgesetzt hat, wird das Leben von so manchem einfacher. Bei unserer Post kann man da schon anfangen zu üben, falls man sich noch unsicher sein sollte. In der Hoffnung, dass sich noch mehrere Nachahmer und Nachmacher des Systems bei uns finden, verbleibe ich mit lieben Grüßen,
 
Stefan